Bewerbungstests
Dr. Alastair Coull
consultant RH
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www.hrfocus.ch
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Berufliche Kompetenzen stellen die Basis f�r den Erfolg eines Unternehmens dar. Bill Gates geht sogar nochweiter, wenn er behauptet, Microsoft w�re ohne seine 30 Topmanager bloss ein mittelm�ssiges Unternehmen. Wie kann man die Talentsuche erfolgreich gestalten ? Tests auf psychologischer Ebene stellen beim Rekrutieren bestimmt ein hilfreiches Mittel dar, nat�rlich unter der Bedingung, dass das Verfahren richtig gew�hlt und auch korrekt angewandt wird. In der Schweiz kommen diese Tests nicht so oft zur Anwendung, wie dies in Deutschland oder Amerika der Fall ist, L�nder mit einer grossen psychometrischen Tradition. Sch�tzungsweise machen in der Schweiz 18% der Unternehmen w�hrend der Rekrutierungsphase Pers�nlichkeitstests. Es d�rfte vermutlich schwer fallen, diesbez�glich zu eindeutigen Einsch�tzungen zu gelangen. Die Multinationalen scheinen mit dieser Technik besser vertraut zu sein. Schliesslich gilt es noch regionalen Verschiedenheiten Rechnung zu tragen und man stellt fest, dass in der Romandie von diesen Anwendungen weniger Gebrauch gemacht wird als in der Deutschschweiz. Allm�hlich kommt es aber bestimmt in dieser Hinsicht zu einer Wende, da F�hrungskr�fte der Human Ressources mehr und mehr �ber psychologisches Wissen verf�gen. Gleichzeitig werden diesbez�gliche Tools qualitativ immer besser und entsprechen immer den Bed�rfnissen der Unternehmen. Gewisse Vorurteile haben zudem oft ein langes Leben. So denkt man weiterhin, dass sich die Psychologie nur mit Pathologie befassen w�rde, obwohl zum Beispiel Ausbildungen �ber die industrielle und Organisationspsychologie bereits seit den dreissiger jahren an amerikanischen Universit�ten existiert.
Das Umfeld des Rekrutierungstests
Falls sich im Unternehmen ein Mangel an Personal (oder Human Ressources) einstellt, und es die finanziellen Mittel gestatten, kann der Abteilung Human Ressources (HR) ein Rekrutierungsmandat erteilt werden.
Eine entsprechende �Job Description� wird erstellt, mit den gew�nschten Kenntnissen, F�higkeiten oder Ko mpetenzen. Diese k�nnen technischer Art sein (z.B. Buchhaltung, Sprachen, Informatik, usw.) aber auch allgemeiner Art. Der zweite Teil bleibt bei dem in der Zeitung gefundenen Stellenangebot �fters unerw�hnt, er kann hingegen bei den Selektionskriterien der HR durchaus seine Bedeutung haben.
Psychologietests befassen sich bei der Rekrutierung ganz klar mit Elementen dieses zweiten Kapitels. Man st�sst dabei auf Dimensionen wie Logisches Denken, Widerstandsf�higkeit dem Stress gegen�ber, Charakterst�rke, oder Supra-Kompetenzen (multidimensional) wie Kundenorientierung, Kommunikation oder Leadership.
Der Spezialist (Unternehmen, Headhunter) trachtet im Allgemeinen danach, einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu suchen dessen wahren Profil (erstellt nach dem Vorstellungsgespr�ch und eventuell durch einen Eignungstest oder eine andere Methoden) dem Wunschkandidaten am besten entspricht.
Bereits bestehende psychologische Tests
Der soziale Vergleich (Vergleich mit Andern) entspricht einem durchaus menschlichen Reflex. Man ist deshalb �ber die Vielfalt der auf dem Markt vorhandenen Tests nicht erstaunt, worunter sich auch die Tests psychologischer Natur f�r die Rekrutierung befinden. Einige davon inspirieren sich bei der psychoanalytischen Tradition (Freud, Jung, Klein, Lacan), andere berufen sich auf neuronale Theorien, aber die meisten beziehen sich auf psychometrische Theorien der Pers�nlichkeit (Cattell, Eysenck, Allport) oder situieren sich bei kognitiven Kompetenzen.
Pers�nlichkeitstests enthalten eine bestimmte Anzahl Pers�nlichkeits Dimensionen (meist 5, auch �big five� genannt). Aspekte wie Extravertiertheit, gewissenhafter Charakter oder �ngstlichkeit werden analysiert. Daraus ergibt sich das Profil des Kandidaten, welches dann in Zusammen-hang mit der offenen Stelle, aber auch mit dem Profil des vorhandenen Teams gebracht werden kann. Ein stark introvertierter Verk�ufer w�rde sich beim Kontakt mit potentiellen Kunden schwer tun.
Kognitive Tests ergr�nden insbesondere numerische, r�umliche, und verbale F�higkeiten, sowie Urteilskraft oder das Ged�chtnis. Der gemeinsame Nenner dieser F�higkeiten heisst �Faktor G� (Spearman, Cattell) und die genannten Tests enthalten entsprechende Messversuche. Jedermann sind heute die Tests QI bekannt. Den ersten Test QI verdanken wir dem Franzosen Alfred Binet (1857-1911). Heute sind diese Tests von ihren kulturellen Umwegen einigermassen befreit (Kontroversen bestehen aber immer noch) und erm�glichen eine gute Erfolgsprognose f�r Schule und Beruf.
Die vergangenen Jahrzehnte haben die Bedeutung der emotionellen Kompetenzen aufgedeckt (Mayer, Salovey, Goleman), und zahlreiche Messversuche wurden mit mehr oder wenig Erfolg unternommen (das Thema wurde in der Ausgabe 2003-2004 Success&Career von Tanja Wranik-Odehnal und Didier Grandjan behandelt). Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die emotionellen Kompetenzen gute Prognosen �ber beruflichen Erfolg oder Scheitern abgeben. Ein j�hzorniger oder labiler Manager kann f�r seine Mitarbeiter zum Problem werden. Ein �berlasteter Fluglotse, welcher vor dem Bildschirm die �bersicht verliert, stellt in einer kritischen Situation ganz klar eine Bedrohung f�r die Sicherheit der Flugpassagiere dar.
Weitere Tests befassen sich mit der Motivation des Kandidaten, mit den beruflichen und menschlichen Qualit�ten, sowie mit seinen zwischenmenschlichen Kompetenzen, oder mit seinem Leaderpotenzial. Jedes Gebiet (Kognition, Motivation, Emotion, zwischenmenschliche Kompetenzen, Werte, Leadership, usw.) enth�lt gewisse Informationen.
Zudem existieren einige �bergreifende Bewertungsinstrumente, welche eine h�here Validit�t haben als individuelle Tests. Worin besteht denn eigentlich die Validit�t eines Tests ?
Testg�ltigkeit
In der Schweiz bemerkte der eidg. Datenschutzbeauftragter mit Bezug auf das Bundesgesetz �ber den Datenschutz (DSG vom 19. Juni 1992) : �Es ist darauf zu achten, dass die Bewertung objektive, zuverl�ssige und g�ltige Daten ergibt�. Zudem sind Rekrutierungstests nur erlaubt, sofern sie von Berufsleuten ausgef�hrt und analysiert werden�. Wie sieht die Wirklichkeit aus ?
F�r einen Nicht-Experten ist die Frage der Validit�t von Psychologietests f�r die Rekrutierung eher komplex. Es geht eigentlich darum den �Test zu testen�. Wissenschaftlich betrachtet, w�rde dies f�r einen Psychologietest anl�sslich der Rekrutierung folgendes bedeuten, dass :
der Test tats�chlich das misst was er zu messen behauptet
der Test alle Facetten misst, von dem was er behauptet er messe.
der Test trotz Zeitabstand identische (oder fast identische) Resultate bei einer selben Person erzielt
der Kandidat oder die Kandidatin den Inhalt des Rekrutierungstests als relevant zum Rekrutierungsentscheid betrachtet
der Test eine Prognose (in einem messbaren Mass) �ber die Erfolgschancen des Kandidaten in der zu besetzenden Stelle zul�sst.
Der letzte Punkt ist besonders wichtig. Der �ussere Aspekt des Tests ist nebens�chlich. Wichtig ist die Zuverl�ssigkeit seiner Aussage betreffend Erfolgschancen des Kandidaten oder der Kandidatin. Die Einstellung des falschen Kandidaten f�r eine h�here Kaderposition kostet oft mehr als Fr. 100.000 (Rekrutierung, Headhunter, Sal�r, schlechte Leistung, Entlassung, Outplacement, usw). Nicht inbegriffen sind dabei indirekte Folgen (Demotivation der Mitarbeiter, Turn-over, Verluste im Konkurrenzkampf, usw.). Ein wissentschaftlicher Zugang zu dem Problem w�rde ganz einfach darin bestehen, zu einem sp�teren Zeitpunkt (nach Monaten oder Jahren) die Korrelation zwischen dem psychometrischen Testresultat und erbrachten Leistungen herauszufinden. Nachstehend die pr�diktive Validit�t einer Serie von Selektionsmethoden, welche auf der Basis von zahlreichen Studien (Meta-Analysen) im angels�chsischen Raum durchgef�hrt wurden.
Perfekte Prognose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . | 1.00 |
Assessment Zentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . | 0.68 |
Kognitive Eignungstests. . . . . . . . . . . . . . . . . . | 0.54 |
Strukturierte Interviews. . . . . . . . . . . . . . . . . . | 0.44 |
Pers�nlichkeitstests. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . | 0.38 |
Selbstbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . | 0.15 |
Referenzen (Empfehlungen). . . . . . . . . . . . . . . | 0.13 |
Graphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . | 0.00 |
Astrologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . | 0.00 |
Wertlose Prognosen (Zufall). . . . . . . . . . . . . . . | 0.00 |
Wie Sie feststellen k�nnen, halten die Assessment Zentren bei den Prognosen eine starke Position inne. Sie praktizieren den Zugang via Multi-Dom�nen (Kognition, Emotionen, Pers�nlichkeit, usw.) und Multi-Methoden (Fragebogen, Interviews, Situationsschilderung, usw). Strukturierte Interviews sind als Selektionsmethode ebenfalls gesch�tzt. Die (Meta-) Analysen gew�hren keine Aussagekraft den Graphologietests (werden aber bei franz�sischen Arbeitgebern in 93% der F�lle durchgef�hrt), Astrologie- oder Numerologietests. Sie w�ren m�glicherweise mit den Normen des DSG-1992 nicht konform.
Selbstverst�ndlich hat die Qualit�t des Bewertungstool eine wichtige Bedeutung, wobei man die Ausbildung und die Erfahrung des Evaluationsspezialisten nicht vergessen darf.
Am besten m�sste er sowohl �ber theoretische Kenntnisse der Psychologie sowie �ber Praxis im Berufsleben verf�gen. Die Eignung des Tools allein ist noch keine Gew�hr f�r eine seri�se Arbeit.
Ethik
Es wird unterschieden zwischen mindestens drei verschiedenen Ethikstufen welche im Rahmen der Rekrutierungstests einzuhalten sind.
Die erste Stufe betrifft den Test an und f�r sich. Das DSG-1992 schreibt vor, dass der Rekrutierungstest �die Pers�nlichkeit des Kandidaten nicht verletzen darf�. Sie k�nnen folglich jede Antwort auf Fragen verweigern, insofern Sie der �berzeugung sind, die Frage sei zu aufdringlich. G�ltigkeit, Sachlichkeit und Verl�sslichkeit des verwendeten Tools wurden hier bereits behandelt. Sie sind absolut berechtigt, wenn man sich mit der Ethik bei Anwendung von Rekrutierungstest befasst. Ist ein willk�rlicher Test ethisch ? Zahlreiche Studien haben ergeben, dass dies f�r die Astrologie der Fall ist.
Die zweite Stufe bezieht sich auf die Person oder das Unternehmen, welche(s) den Test durchf�hrt. Das DSG-1992 schreibt vor, dass der Test nur mit dem Einverst�ndnis des betroffenen Kandidaten m�glich ist und letzterer �ber den verfolgten Zweck des Tests informiert werden muss. Sie besitzen also das Recht, sich zu informieren und/oder den Testabzulehnen. Zus�tzlich verlangt das DSG-1992 f�r den Kandidaten den �Zugang zu den Testresultaten� und insistiert in Sachen Professionalit�t der Ausf�hrenden. Sie haben also das Recht, die Testresultate zur Kenntnis zu nehmen, was auch f�r Sie von Interesse sein kann. Anderseits verpflichten gute Testresultate (bessere als diejenigen anderer Kandidaten) kein Unternehmen, Sie bei der Wahl zu bevorzugen. Schliesslich sind Te s tresultate vertraulich und Sie haben bloss Zugang zu Informationen welche Ihre Person betreffen.
Die dritte Stufe betrifft den Kandidaten (Kandidatin) selbst. Er (sie) k�nnte der Versuchung erliegen, unehrliche Antworten abzugeben oder sich von einer Drittperson helfen zu lassen. Hier dr�ngt sich ein Gedanke auf. Einerseits k�nnen bestimmte Tests nicht leicht hintergangen werden, da sie auf der Koh�renz der Antworten basieren oder anderseits Fragen ber�hren, die scheinbar nicht in Zusammenhang mit den betroffenen Dimensionen stehen. Ausserdem ist es kaum wahrscheinlich, dass ein Kandidat sich einen Job w�nscht der ihm nicht passt (Unzufriedenheit, Demotivation, Depression, usw.) oder welcher ihn zum professionellen Misserfolg f�hrt (Verlust des Selbstvertrauens, schlechte Referenzen, Entlassung, usw.).
Schlussfolgerung f�r den Kandidaten oder die Kandidatin
Psychologische Rekrutierungstests stellen, sowohl f�r Unternehmen wie auch f�r Kandidaten, eine Gelegenheit dar, sich besser kennen zu lernen, allerdings unter der Bedingung, dass der Test eine gute Qualit�t aufweist und von kompetenten Arbeitskr�ften durchgef�hrt wird. Ein korrektes Verhalten kann beiderseits erwartet werden. Ganz allgemein darf man dem Test auch keinen dramatischen Anstrich geben. Internet bietet Ihnen �brigens die Gelegenheit, sich mit solchen Tests kostenlos vertraut zu machen. Es gilt klar festzuhalten : Tests sind behilflich f�r die Entscheidungsnahme beim Rekrutierungsprozess (wissenschaftlich bewiesen) hingegen garantiert kein Test (auch der beste nicht) eine hundertprozentige Richtigkeit. Z�gern Sie also nicht, die Resultate zu diskutieren oder gar zu bestreiten, falls sie nicht Ihrer Vorstellung entsprechen. Gewisse Arbeitgeber finden vielleicht sogar Gefallen an Ihrem K�mpfergeist. Seien Sie aber auch f�r die M�glichkeit offen, wenn die Resultate von Ihren Erwartungen abweichen, dass diese eine gewisse Realit�t darstellen. Einen vorhandenen Entwicklungsbedarf zugestehen, widerspiegelt eine konstruktive Einstellung f�r die Zukunft. Bestimmt k�nnen Sie Ihr professionelles Potenzial noch steigern.