Wie das Home-Office dem Geldbeutel der Allgemeinheit nützt
In der Schweiz herrscht Dank den günstigen Wohnpreisen auf dem Land, den guten Löhnen in den Städten und dem bestens ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetz mit seinen günstigen Abonnements eine rege Pendlerkultur unter den Arbeitnehmern. Laut dem Bundesamt für Statistik sind in der Schweiz rund 60 Prozent der Erwerbstätigen ausserhalb ihres Wohnortes tätig; ein Viertel von Ihnen nutzt für die täglichen Fahrten den Öffentlichen Verkehr. Die Bereitschaft für einen Umzug an den Arbeitsort ist – trotz hoher finanzieller und persönlicher Aufwendungen für das Pendeln – sehr gering. Die ETH befragte 1000 Haushalte im Grossraum Zürich: 60 Prozent würden höchsten fünf Kilometer von ihrem jetzigen Wohnort wegziehen; für weitere 13 Prozent liegt die Schmerzgrenze bei 10 Kilometern.
Die Folgen: Eine stetig voranschreitende Zersiedelung der Schweizer Landschaft durch neue Wohnbauten auf dem Land, massive Kosten für den Staat. 180 Milliarden sollen bis 2030 für Ausbau und Unterhalt der Strassen investiert werden, rund 80 Milliarden bei der Bahn.Die SBB finanziert sich, trotz überfüllter S-Bahnen, im Durchschnitt nur zu 50 Prozent aus den Billett-Preisen; den Rest stemmen diverse andere Töpfe und mit ihnen auch der Steuerzahler. Eine wirkliche Kostenwahrheit würde für Autofahrer mit allen allgemeinen Unfallkosten und Umweltschäden einen Benzinpreis von vier Franken bedeuten; die Zugnutzer müssten einen doppelt so hohen Fahrpreis in Kauf nehmen. Doch für letztere wäre, nach jahrelangen Umweltkampagnen für den Verzicht auf das Auto, die massive Hebung des Fahr-Preises eine Sanktion.
Diejenigen, die in der Stadt arbeiten – dort zu massiv höheren Mietzinsen wohnen und auf den steuerlichen Vorteil des Kilometer-Geldes verzichten – sind die finanziell Benachteiligten, obwohl sie effektiv den Verkehr reduzieren und oft mit Bus, Tram oder Velo zur Arbeit fahren. Aber es gibt Gründe, die Mobilität weiter zu fördern. Die Produktivität auf dem Arbeitsmarkt steigt britischen Studien zufolge zunehmend an der Verkehrsverbindung zwischen Arbeitgeber und -nehmer. «Die Wahrscheinlichkeit wird grösser, dass eine Stelle optimal besetzt wird. Wenn das Pendeln radikal eingeschränkt würde, könnte der Wirtschaftsstandort stark darunter leiden», so Kay Axhausen von der ETH Zürich.
Ein guter Kompromiss liegt im seit einiger Zeit aktiv lancierten Homeoffice. Schätzungen der Universität St. Gallen zufolge könnten in der Schweiz rund 450'000 Personen wenigstens einen Tag pro Woche von zuhause aus arbeiten. «Würde dieses Potential ausgeschöpft, könnten die enormen Pendlerströme entschärft werden» so Stefan Nünlist, Mediensprecher der SBB. Diese Entlastung zu Spitzenzeiten würde ein Sparpotential von Hunderten von Millionen Franken bedeuten. Und auch die Arbeitnehmenden, bestärkt in ihrem Wunsch nach Sesshaftigkeit auf der einen und zeitlicher Flexibilität ohne Pendel-Zeiten auf der anderen Seite tragen in der Praxis grossen Nutzen aus der freien Zeiteinteilung zu Hause.
«Arbeit muss nicht in jedem Fall an ein Büro oder eine bestimmte Zeit gebunden sein. Mit flexiblen Arbeitsmodellen lässt sich nicht nur das Geschäftsleben, sondern auch das Privatleben effizienter gestalten», so eine Mitarbeiterin von Microsoft Schweiz, wo die Unternehmenszugehörigen mittlerweile jährlich zu einem Homeoffice-Tag aufgerufen werden.
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