Das Vorstellungsgespräch aus Sicht des Gesprächsführenden

Bevor Sie die praktischen Aspekte des Vorstellungsgesprächs betrachten, ist es grundlegend, dass Sie als Kandidat die Sicht des Gesprächsführenden verstehen. So können Sie gewisse Fallen vermeiden und vor allem verstehen, was ein Rekrutierungs­verantwortlicher während eines Vorstellungsgesprächs in ­erster Linie zu erreichen sucht.

ERKENNEN DER PERSÖNLICHKEIT

Um Ihren Traumjob zu erhalten, müssen Sie vor allem einen Lebenslauf zusammenstellen, der das Interesse des Unter­nehmens weckt. Mit anderen Worten: einen Lebenslauf, der einerseits den Anforderungen für die betreffende Stelle ent­spricht und andererseits so klar und attraktiv ist, dass das Unternehmen Sie kennenlernen möchte. Wenn Sie die erste Etappe erfolg­reich über­standen haben, ist es wesentlich, zu erkennen, dass ein Vorstellungsgespräch nicht nur Gelegenheit bietet, mündlich zu wiederholen, was der Rekrutierungsverant­wortliche bereits schriftlich vor sich hat. Während eines Vor­stellungsgesprächs wird der Rekrutierungsverantwortliche nach dem suchen, was Ihre Persönlichkeit ausmacht, er möchte über das hinausgehen, was in Ihrem Lebenslauf steht: Er interessiert sich für die Art und Weise, wie Sie über Ihre Erfahrungen sprechen, für Ihre ­Persönlichkeit, für den Kontakt, den Sie während des Gesprächs zu ihm herstellen, für die Motivation, die Sie durch Ihre Persönlichkeit für die Stelle zeigen, für die Klarheit und die Kohärenz Ihrer Aussagen. Was Sie über sich sagen, ist genauso wichtig wie die Art und Weise, wie Sie es sagen.

Man muss sich darüber im Klaren sein, dass ein Rekrutierungsverantwortlicher für jede Stelle 15 bis 20 Personen befragt, das sind 3 bis 4 Kandidaten pro Tag. Er wird diejenige Person in „lebendiger Erinnerung“ behalten, die sein Interesse wecken konnte, die sich dank ihrer Persönlichkeit, ihrer Klarheit und ihrer professionellen Einstellung während des Gesprächs von den anderen abheben konnte.

ANALYSE UND INTUITION

Während des Vorstellungsgesprächs analysiert der Rekrutierungsverantwortliche und lässt sich gleichzeitig von seiner Intuition leiten. Mit anderen Worten: Er stützt sich bei der Ein­schätzung des Kandidaten sowohl auf objektive als auch auf subjektive Kriterien. Wichtig ist aber, zu verstehen, dass diese Vorgehensweise während des Gesprächs relativ stark variiert. Die Intuition wird besonders in den ersten 5 Minuten des Ge­sprächs aktiviert: Der Rekrutierungsverantwortliche hat Sie noch nie gesehen, er hat keine vorgefasste Meinung von Ihnen und kennt Sie nur „schriftlich“ durch Ihren Lebenslauf. Dadurch, dass er Sie kennenlernt, dass er den schriftlichen Informationen über Sie ein Bild zuordnen kann, Sie sieht, Sie durch einen Händedruck fühlt oder einen Blick erfährt, kann er seine Eindrücke von Ihnen entkräften, bestätigen oder ändern. Es ist deshalb wesentlich – wie wir im Folgenden sehen werden – sich bewusst zu sein, was für einen ersten Eindruck man auf die ­gesprächsführende Person machen will.

Der rein intuitive Ansatz des Rekrutierungsverantwortlichen verschwindet während des Vorstellungsgesprächs und macht einer analytischeren Denkweise Platz. Während dieses Teils des Gesprächs hört sich der Gesprächsführende Ihre Ant­worten an und schätzt deren Relevanz ein, aber er hört nie auf, Sie durch Ihre Gesten, den Tonfall und die Betonung in Ihrer Stimme, durch Ihr Verhalten und andere Ausprägungen Ihrer Körpersprache subjektiv und intuitiv wahrzunehmen. Die letzten 10 Minuten des Gesprächs sind besonders wichtig und entscheidend, denn mit der Erinnerung an diese Zeit und den Eindrücken, die Sie bei ihm hinterlassen haben, wird der Rekrutierungsverantwort­liche sich von Ihnen verabschieden. Auf dieser Grundlage wird er anderen Personen empfehlen, Sie kennenzulernen und eine positive Einschätzung des Gesprächs mit Ihnen abgeben. Bleiben Sie deshalb immer aufmerksam, besonders am Ende des Vor­stellungsgesprächs.

Unterschätzen Sie also den Eindruck nicht, den Sie auf andere Menschen machen. Glauben Sie nicht, es sei nur ein äusserer Eindruck; wenn Sie selbst jemanden kennenlernen, merken Sie auch, ob Ihnen diese Person in ihrer Art „zusagt“ oder nicht. Dabei geben Sie nicht unbedingt eine Wertung des Gegen­übers ab, es handelt sich eher um ein Gefühl, ein Gespür, das unweigerlich Ihre Einschätzung dessen, was diese Person sagt, beeinflussen wird. Die Person, die Ihnen gegenübersteht, kann noch so intelligent sein, wenn Sie kein gutes Gefühl dabei haben (z. B. aufgrund eines ausweichenden Blicks oder einem arrogant scheinenden Tonfall), werden Sie diese Person eher nicht wiedersehen wollen.

 


 

Ratschlag

Der Eindruck, den Sie hinterlassen, ist nicht die einzige Garantie für ein erfolgreiches Vorstellungs­gespräch, aber er ist eines der Schlüsselelemente, um zu erreichen, dass der Rekrutierungsverantwortliche offen, gewillt und empfänglich für das ist, was Sie über sich selbst zu sagen haben.