Employer Branding – der Schlüssel zur effizienten Personalgewinnung
Artikel erschienen im Career Starter, 15. Ausgabe 2011.

Employer Branding – der Schlüssel zur effizienten Personalgewinnung

Von Prof. Dr. mult. Norbert Thom und Elena Hubschmid, Direktor des Instituts für Organisation und Personal (IOP) der Universität Bern und wissenschaftliche Assistentin und Doktorandin am IOP, www.iop.unibe.ch

Employer Branding beeinflusst den Erfolg der Personalgewinnung massgeblich: durch dessen umsichtige Gestaltung wird das positive Unternehmensimage an potenzielle Bewerber vermittelt und geeignete Arbeitskräfte fühlen sich besonders angesprochen. Zentral dabei sind die zielgruppenspezifische Adressierung möglicher Bewerber sowie das Verständnis ihrer Bedürfnisse und beruflichen Erwartungen.

Ob Hochkonjunktur, Konjunkturflaute oder gar Rezession, die konsequente Arbeit am Employer Branding – auf Deutsch Arbeitgebermarkenbildung im Kontext des Personalmarketings1  – ist für Unternehmen unabdingbar. Turbulente Zeiten ermöglichen die Profilierung der eigenen Arbeitgebermarke und öffnen Wege zur Aufwertung der Position auf dem Arbeitsmarkt. Eine Employer Branding Strategie beabsichtigt, den Bekanntheitsgrad eines Unternehmens unter neuen Bewerbern zu steigern. Die Anforderungen an das Employer Branding werden immer höher. Einerseits wird es schwieriger, geeignete Nachwuchskräfte zu finden, andererseits steigt das Bewusstsein für kosteneffiziente Personalgewinnung.

Aufgrund demografischer Entwicklungen (alternde Bevölkerung und tiefere Geburtenraten in der Schweiz) stellt die Gewinnung hochqualifizierter Hochschulabsolventen, die zur sog. Generation Y gehören (geboren nach 1980), für Unternehmen eine der wichtigsten Herausforderungen dar. Der Kampf um Talente wird heute global geführt. Der grosse Zustrom von jungen und qualifizierten Ausländern in die Schweiz fordert von den Arbeitgebern, traditionelle Konzepte der Personalgewinnung zu überdenken. Der Prozess der Gewinnung von Beschäftigten wird anspruchsvoller, denn Unternehmen müssen potenzielle Arbeitnehmer verschiedener Herkunft so ansprechen, dass diese die Unternehmensbot­schaften gemäss der Senderabsicht wahrnehmen. Um die Personalgewinnung effizient zu gestalten, muss in zielgruppenorientiertes Employer Branding investiert werden, und zwar unabhängig von der jeweiligen Wirtschaftslage. Wenn es ein Unternehmen ver­steht, die Aufmerksamkeit von geeigneten Potenzialträgern auf sich zu lenken, spart dies langfristig erhebliche Kosten, welche durch Fehlbewerbungen und -besetzungen verursacht werden.

Attraktivität des Arbeitgebers

Employer Branding beschreibt eine Massnahme, bei der das Konzept der Markenbildung aus dem allgemeinen Marketing für die Bildung einer Employer Brand (einer Arbeitgebermarke) angewandt wird. Dabei sind die Bedürfnisse vorhandener und potenzieller Mitarbeiter von grosser Bedeutung. In diesem Sinne wird das Unternehmen zu einer Marke am Arbeitsmarkt, welcher konkrete Attribute durch den potenziellen Bewerber zuge­schrieben werden. Um sich von den Konkurrenten abheben zu können, muss das Markenversprechen funktionale und emotionale Vorteile für die Zielgruppe in sich vereinen.
Der erste Forschungsbeitrag, welcher sich mit der erfolgreichen Arbeitgebermarkenbildung befasste, erschien im Journal of Brand Management im Jahre 1996, verfasst von zwei Forschern der London Business School: Tim Ambler und Simon Barrow. Laut ihnen beinhaltet das Konzept einer Employer Brand „the package of functional, economic and psychological benefits provided by employment”. Dabei wird die primäre Rolle einer Employer Brand wie folgt formuliert: „to provide a coherent framework for management to simplify and focus priorities, increase productivity and improve recruitment, retention and commitment”. Demnach wirkt sich Employer Branding extern auf die Gewinnung potenzieller Kandidaten und intern auf die Entwicklung und Erhaltung bereits angestellter Mitarbeiter aus.2

Entsprechend der Definition von Philip Kotler ist eine Brand „essentially a seller’s promise to deliver a specific set of features, benefits, and services consistently to the buyers“. Im Falle der Arbeitgebermarkenbildung wirken Unternehmen als Verkäufer ihrer USP (Unique Selling Proposition), welche potenzielle „Käufer“ (zukünftige Arbeitnehmer) anziehen soll. Die USP wird dabei durch die EVP (Employer Value Proposition) ersetzt. Die EVP, der konkrete Wettbewerbsvorteil eines Arbeitgebers, sollte grundsätzlich eine Antwort auf die folgende Frage liefern: Warum sollte ich ausgerechnet hier arbeiten? Der Arbeitgeber behandelt die möglichen Arbeitnehmer als echte Stakeholder (Anspruchsgruppe).

Arbeitgebermarkenbildung ist nur dann effizient, wenn Unterneh­men Faktoren identifiziert und verstanden haben, welche zur Arbeitgeberattraktivität beitragen. Der erste Schritt zur Bildung einer attraktiven Arbeitgebermarke besteht im Verständnis der Werte einer Zielgruppe. Dabei gilt es nicht nur, auf Unterschiede wie Alter, Geschlecht und Bildungshintergrund zu achten, sondern auch die interkulturellen Merkmale der zukünftigen Belegschaft zu berücksichtigen, welche erheblich die Wahrnehmung einer Arbeitgeberattraktivität bestimmen. Eine Stelle, als Produkt verstanden, sollte Arbeitnehmer anziehen und diese motivieren, sich auf eine Stelle zu bewerben und muss dementsprechend die Bedürfnisse der Bewerber befriedigen.

Erwartungen an die Arbeitgeber

Arbeitgeberattraktivität wird sehr stark über die Erwartungen neuer Arbeitnehmer bestimmt. Diese Erwartungen stellen ein komplexes Phänomen dar, da sie werte- und identitätsgetrieben sind und sich über bestimmte Lebenserfahrungen und den jeweiligen kulturellen Hintergrund definieren. Die Auseinandersetzung mit den Erwartungen junger Bewerber an ihre Arbeitgeber ist zentral, wenn die Personalgewinnung erfolgreich sein soll. Primär gilt es, die Zielgruppen nach ihren Bedürfnissen und Perspektiven zu befragen. Die letzte Erhebung bei Studierenden der Universität Bern fand im Jahre 2005 statt. Im Rahmen dieser Studie wurden alle Studierenden, welche im Hauptfach seit mindestens sieben Semestern BWL bzw. BWL im Nebenfach seit mindestens drei Semestern belegten, nach ihren Berufsvorstellungen befragt. Zu den wichtigsten Aspekten bei der Wahl der Erststelle nach dem Studium nannten die Befragten insbesondere den Arbeitsinhalt, das gute Arbeitsklima und die Vereinbarkeit mit dem Privatleben. Weiter folgten Ausbildungsangebot, Unternehmenskultur, Karrieremöglichkeiten und Selbstständigkeit. Als wesentliche Aspekte des Arbeitsinhaltes schätzten die Befragten vielseitige und anspruchsvolle Tätigkeiten, Freiräume für eigene Ideen, soziale Kontakte und die Anwendbarkeit der Kenntnisse aus dem Studium als wichtig ein (Thom/Friedli 2008).

Neben zielgruppenspezifischen Umfragen wie denjenigen an der Universität Bern gibt es mehrere Institutionen, welche die Erwartungen der Hochschulabsolventen erforschen und daraus Arbeitgeberratings erstellen. Die wenig differenzierte Maxime „Eine Stelle ist zu besetzen“ verliert in Bezug auf junge Mit­arbeiter der Generation Y an Bedeutung.

Generationsparadigma

Jede Generation ändert in spürbarem Ausmass die kulturelle Landschaft, hinterlässt eine nachhaltige Wirkung und definiert ihre eigene kulturelle Identität. Unter einer Generationskohorte wird eine Gruppe von Menschen verstanden, welche im Laufe von ca. 20 Jahren die gleichen Lebensabschnitte von der Kindheit bis zum Erwachsenenalter durchlaufen und sich durch ähnliche Merkmale von anderen Generationen abgrenzen. Junge Menschen, welche in der Internet-Ära aufgewachsen sind, sehen Arbeit als Ausdruck der eigenen Identität. Die Wahl der Arbeit und des Arbeitgebers wird als eine sehr bewusste Entscheidung ver­standen. Für die Generation Y hat die Wahl des Arbeitgebers, über das rationale Kalkül hinaus, in beträchtlichem Ausmass mit Faktoren zu tun, welche sich als Gefühle, Werte und Persönlichkeitsmerkmale interpretieren lassen. Verschiedene Untersu­chungen (u. a. von Thom/Friedli 2008) zeigen, dass Faktoren, die v. a. vom Konzept der Selbstverwirklichung abzuleiten sind (etwa Entwicklungsmöglichkeiten, Freude bei der Arbeit, interessante Aufgaben, Arbeitsplatzsicherheit, Image der Arbeitgebermarke) von der Mehrheit als sehr wichtig empfunden werden. Daraus folgt, dass im digitalen Zeitalter das Employer Branding entsprechend den Bedürfnissen der Generation Y und ihrer Untergruppen angepasst werden muss.

Fazit

Employer Branding ist die langfristige Pflege einer Arbeitgebermarke als ein umfassendes Denk- und Handlungskonzept. Ziel eines effizienten Employer Brandings muss sein, die Arbeitgebermarke der Zielgruppe so zu kommunizieren, dass diese mit Überzeugung zur Entscheidung gelangt, sich auf eine spezifische Position zu bewerben. Der Arbeitgeber hat zielgruppenorientiert zu ergründen, warum ein gewünschter Arbeitnehmer der angebotenen Stelle den Vorzug geben sollte. Eine ausgeschriebene Position muss die Unternehmenswerte und die Arbeitnehmerer­wartungen ansprechen. Durch das Erforschen der Erwartungen potenzieller Arbeitnehmer im Rahmen einer Employer Branding Strategie kann der Arbeitgeber konkrete Vorstellungen zur Persönlichkeit des jeweils gewünschten Mitarbeiters entwickeln und so zielgerichtet kommunizieren. Eine Anpassung des Personalmarketinginstrumentariums ist erst dann möglich, wenn die Erwartungen potenzieller Arbeitnehmer über längere Zeit erforscht worden sind.

Da der Bedarf an hochqualifiziertem Nachwuchs auch zukünftig stark über die Zuwanderung gedeckt wird, stellt die interkulturelle Ausrichtung der Employer Branding Strategien eine zusätzliche Herausforderung dar. Arbeitgeber müssen demzufolge die Erwartungen von neuen Arbeitnehmern auch im interkulturellen Kontext ermitteln. Das IOP der Universität Bern wird hierzu einen Beitrag leisten, indem Studierende der Wirtschaftswissenschaften aus der Deutschschweiz mit ihren Kollegen in Moskau verglichen werden.

1 Die Autoren verstehen das Personalmarketing als Querschnittsfunktion des Personalmanagements, deren primäres Ziel in der Schaffung von günstigen Voraussetzungen zur Erhöhung der Attraktivität eines Arbeitgebers auf dem internen und externen Arbeitsmarkt liegt.
2 In diesem Beitrag wird v. a. auf die Bedeutung des Employer Brandings im externen Personalgewinnungsprozess näher eingegangen.

Literatur:

  • Ambler, Tim / Barrow, Simon: The Employer Brand, In: Journal of Brand Management, 4. Jg. 1996, Nr. 3, S. 185-206.
  • Kotler, Philip: Marketing Management, The Millennium Edition, New Jersey 2000.
  • Parment, Anders: Die Generation Y – Mitarbeiter der Zukunft, Wiesbaden 2009.
  • Schuhmacher, Florian / Geschwill, Roland: Employer Branding, Wiesbaden 2009.
  • Thom, Norbert / Friedli, Vera: Hochschulabsolventen gewinnen, fördern und erhalten, 4. Auflage, Bern u. a. 2008.

www.iop.unibe.ch

share