Der Lebenslauf aus Personaler-Sicht
Ihr Lebenslauf ist ein Produkt. Und damit sich der Markt für ihr Produkt entscheidet, genügt es nicht, dass Sie mit ihm zufrieden sind. Ihr Lebenslauf muss den Wünschen derjenigen entsprechen, die ihr Produkt kaufen werden. Darum ist eine Analyse der Bedürf­nisse ihrer Kunden, den Personalverantwortlichen, unerlässlich.

Der Lebenslauf aus Personaler-Sicht

Texte intro: 
Ihr Lebenslauf ist ein Produkt. Und damit sich der Markt für ihr Produkt entscheidet, genügt es nicht, dass Sie mit ihm zufrieden sind. Ihr Lebenslauf muss den Wünschen derjenigen entsprechen, die ihr Produkt kaufen werden. Darum ist eine Analyse der Bedürf­nisse ihrer Kunden, den Personalverantwortlichen, unerlässlich.

Sich in den anderen hineinversetzen

Haben Sie den Film „Was Frauen wollen“ mit Mel Gibson gesehen? Darin spielt er einen Frauenhelden sondergleichen, der sich gerne seiner Verführungskünste rühmt, bis er plötzlich feststellt, dass er komplett auf dem Holzweg war, weil er gar keine Ahnung hatte, wie Frauen denken. Zur Erinnerung: Der Protagonist steht vor der Herausforderung, Beauty-Produkte an die Frau zu bringen, indem er sich in die potenziellen Kundinnen hineinversetzt. Seine Chefin gibt ihm ein Set aus verschiedenen Artikeln – Mascara, Enthaarungswachs, Feinstrumpfhosen usw. –, und er beschliesst, sie an sich selbst zu testen. Dabei wird ihm bewusst, dass die Realität der Frau Lichtjahre von seiner eigenen entfernt ist. Während seiner Beauty-Session rutscht er plötzlich aus und bekommt einen Stromschlag. Als er am nächsten Morgen – leicht benommen – wieder zu sich kommt, stellt er fest, dass er die Gedanken von Frauen hören kann. Und ihm wird klar, wie sehr er sich über ihre Psyche und ihre Sichtweisen bisher getäuscht hat.

Sie fragen sich, was das alles mit dem Thema dieses Artikels zu tun hat? Keine Sorge: Ich werde nicht von Ihnen verlangen, sich einen Stromschlag zuzufügen, damit Sie zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Doch wenn Ihr Lebenslauf grösstmögliche Chancen haben soll, einen Personaler zu überzeugen, sollten Sie sich die offensichtlichen Parallelen zu Herzen nehmen. Konkret heisst das, Sie sollten sich ein paar Minuten lang in die Position Ihres Ansprechpartners versetzen, versuchen, sein Universum zu verstehen und seine Erwartungen nachzuvollziehen, und sich dafür sensibilisieren, wie er Ihr Produkt – damit meine ich Ihren Lebenslauf – sieht.

Damit Ihr Lebenslauf Eindruck macht, müssen Sie, genau wie beim Verkauf eines Produkts, die Realität und die Erwartungen Ihres Kunden – in dem Fall des Personalverantwortlichen – begreifen. Die Realität eines Personalers sieht folgendermassen aus: Aus einem Minimum von 200 Lebensläufen pro ausgeschriebener Stelle muss er innerhalb kürzester Zeit eine möglichst passgenaue Auswahl von maximal fünf Profilen treffen, die die erste Hürde nehmen und zur ersten Interviewrunde eingeladen werden. Dafür hat er – bisweilen nicht sehr präzise – Vorgaben von anderer Stelle über das gesuchte Profil erhalten. Nun liegt es an ihm, eine erste Selektion der Bewerbungen vorzunehmen, die im Rennen bleiben. Maximal zehn Mappen gibt er an die zuständige Abteilung weiter, die davon wiederum nur fünf in die engere Auswahl zieht. Seine Wahl muss er mit Argumenten begründen können, die sich klar aus der Bewerbung ableiten lassen: erforderliche Berufs­erfahrung, Art des Unternehmens, bisherige Zuständigkeiten, die auf eine gute Eignung für den ausgeschriebenen Posten schliessen lassen, passendes Umfeld etc.

Tipp: Um ihr Produkt an die Erwartungen ihres potenziellen Arbeitgebers anzupassen, lesen Sie sich sein Angebot noch einmal durch und versichern Sie sich, dass seine Anforderungen in ihrem Lebenslauf erwähnt werden. Dies am besten, indem Sie objektiv auf Aufgaben hinweisen, die Sie während ihrer letzen Anstellungen ausgeführt haben.

Eine Wirkung schaffen

Für den Bewerber bedeutet das, dass er die Aufmerksamkeit des Personalverantwortlichen, wenn der Ihr Produkt – Ihren Lebenslauf – erstmals in der Hand hält, nicht nur darauf lenken muss, was Sie ihm über sich mittteilen wollen, sondern auch darauf, inwiefern Sie seinen Erwartungen und Bedürfnissen gerecht werden. Wenn es Ihr Lebenslauf innerhalb einer Minute nicht schafft, sein Interesse zu wecken, endet er in der Schublade oder bestenfalls als zweite Wahl. Erbarmungslos, finden Sie? Mag sein. Aber wenn Sie ehrlich sind, machen Sie es doch genau so, wenn Sie im Supermarkt vor dem Kühlregal stehen und aus 200 Produkten einen Becher Naturjoghurt auswählen müssen. Entscheidend für Ihre Wahl sind Verpackung, Platzierung im Regal, Farbe des Bechers, Name des Produkts, Ihr unterbewusster und oft genug subjektiver Eindruck – kurz: Ihre erste Vorauswahl fällt, wenn Sie nicht gerade ein sehr spezifisches Produkt suchen, innerhalb von höchstens 30 Sekunden. So trivial Ihnen das erscheinen mag: Mit Ihrem Lebenslauf verhält es sich nicht anders.

Tipp: Denn es sei noch einmal daran erinnert, dass sich der Personaler für seine erste Vorentscheidung über Ihren Lebenslauf nur sehr wenig Zeit nimmt – maximal eine Minute.

Helfen Sie Ihrem Personalberater und Ihr Personalberater wird Ihnen helfen

Sie wollen diese erste grosse Hürde nehmen? Helfen Sie Ihrem Ansprechpartner dabei, die richtige Information herauszufiltern. Wie? Fügen Sie in Ihren Lebenslauf direkt unter den Kontaktdaten ein klar abgegrenztes Textfeld ein, in dem Sie die Kernpunkte Ihres Werdegangs aufführen, die objektiven Gründe, die für denjenigen, der ihn „kaufen“ soll, von Wert sind. Zeigen Sie hier auch auf, welche der in der Stellenanzeige genannten Vor­aussetzungen Sie erfüllen. Vermeiden Sie dabei Phrasen und schwammige Formulierungen ohne Aussagekraft, einfallslose Zielangaben, wie „in einem dynamischen Unternehmen arbeiten“, und wahllos eingeworfene, in diesem Stadium irrelevante Persönlichkeitsmerkmale, wie „dynamische, gut organisierte und zielstrebige Persönlichkeit“: In dieser Phase des Auswahlprozesses können Sie mit solchen Aussagen nicht punkten. Entscheidend ist hier, dass Sie überzeugen und dass sich die in diesem Abschnitt vorgebrachten Argumente anhand Ihres studentischen und beruflichen Werdegangs belegen lassen.

Betrachten Sie dieses Textfeld als Resümee der wesentlichen Punkte Ihrer Bewerbung, die Ihnen das Tor zur nächsten Runde öffnen. Ob als Fliesstext oder in Stichpunkten: Stellen Sie hier klar und deutlich heraus, warum Ihr Ansprechpartner an Ihnen nicht vorbeikommt.

Beispiel einer Beilage als Antwort auf eine Anzeige
Ein Unternehmen sucht einen Junior-Banker mit erster Berufserfahrung in der Bankenbranche, Kenntnissen typischer Tätigkeitsfelder in der Finanzwelt, Hochschuldiplom und erstklassigem Englisch. Dann können Sie in das Textfeld Folgendes einfügen:

  • 2 Praktika in der Buchhaltungs- und Finanzabteilung eines international tätigen Unternehmens.
  • Bachelor in Wirtschaftswissen­schaften der Universität Basel.
  • Gute Englischkenntnisse aus dem Studium und durch mehrere Sprachreisen nach England.
  • Gezielte Suche nach einer Stellung, in der ich meine Kenntnisse über die Abläufe im Bankwesen vertiefen kann.

Nutzen Sie für die Schlüsselwörter ruhig Fettdruck, damit der Blick des Personalers direkt darauf fällt.

Wenn Sie sich auf eine Stelle bewerben, lesen Sie also aufmerksam die zugehörige Beschreibung und zeigen Sie, dass Sie die gebotene Herausforderung meistern können. Machen Sie dazu nicht einfach ein Copy-Paste der Stellenausschreibung, sondern schildern Sie einschlägige Aufgaben, mit denen Sie in der Vergangenheit bereits betraut waren. Natürlich wird Ihr Lebenslauf aufgrund seiner Qualität ausgewählt, aber auch und vor allem weil Ihr Profil mit den von dem Unternehmen genannten Ansprüchen kompatibel ist. Je deutlicher Sie diese Kompatibilität in Ihren Unterlagen hervorheben, desto überzeugter wird der Personalverantwortliche Ihre Bewerbung auswählen und der zuständigen Abteilung präsentieren.

Worum handelt es sich bei Initiativbewerbungen?

Diese Aufgabe ist ein bisschen schwieriger, denn Sie kennen nicht von vornherein die Erwartungen Ihres Personalberaters; zu Recht, denn er rechnet nicht mit Ihnen! Ihre Beilagen müssen daher zielgerichtet sein und ausserdem klar aufzeigen, was Sie Wichtiges und Nützliches anzubieten haben.

Verfassen Sie also kurz einen Text, der die folgenden Elemente beinhaltet:

  • Wo (in welcher Abteilung), oder in welcher Funktion möchten Sie Ihren Teil zum Erfolg des Unternehmens beitragen; geben Sie genau an, ob Sie ein Praktikum oder einen Arbeitsplatz suchen.
  • All das, was Sie im Gegenzug anzubieten haben, zum Beispiel Anzahl der Praktika, die Sie bereits durchgeführt haben, Diplome, Sprachkenntnisse, etc.

Heben Sie dann die essentiellen Elemente in fettgedruckter Schrift hervor, um die Aufmerksamkeit Ihres Gesprächspartners zu wecken.

Hier ein Beispiel:

  • Einen Praktikumsplatz in der Buchhaltungsabteilung zu erhalten um meinen Master in Finanzwesen zu ergänzen sowie Ihnen meinen Sinn für Detailtreue und Teamgeist, welchen ich in meinem letzten Praktikum in einem internationalen Unternehmen erfolg­reich unter Beweis stellen konnte, zu demonstrieren.

Die richtigen Fragen, die man sich stellen sollte

Ist Ihr Zusatzabschnitt schliesslich klar formuliert und auf die Bedürfnisse des Personalers zugeschnitten, können Sie Ihrem Lebenslauf den letzten Schliff geben: Erläutern Sie einige Aufgaben, mit denen Sie bei früheren Praktika betraut waren und die für die ausgeschriebene Stelle gefordert werden, etwas genauer. So machen Sie Ihrem Ansprech­partner deutlich, dass Sie über die Hard und Soft Skills verfügen, die er braucht.

Versetzen Sie sich unbedingt in den Personalverantwortlichen hinein, wenn Sie Ihren Lebenslauf verfassen. Denn so mancher Kandidat verliert sich in Details oder Erklärungen, die für sein Gegenüber gar nicht von Belang sind. Denken Sie daran, dass das, was Ihnen wichtig ist, den Personaler nicht unbedingt interessiert. Daher ist es bisweilen besser, bestimmte Aufgaben, mit denen Sie schon Erfahrung haben, auszulassen und nur die nennen, die für den Ansprechpartner relevant sein könnten. In aller Regel ist ein eher kurzer und pointierter Lebenslauf besser als ein zweiseitiges Dokument mit zu vielen Einzelheiten. Das Schlimmste wäre, wenn Ihr Ansprechpartner während der Lektüre des Lebenslaufs das Interesse verliert oder zu viele unnütze Details Verwirrung stiften.

Konzentrieren Sie sich immer darauf, was Ihr Ansprechpartner sucht, und verfassen Sie Ihren Lebenslauf ausgehend von seinen Bedürfnissen: „Welche Abschlüsse entsprechen seinen Ansprüchen?“, „Mit welchen Aufgaben, die ihn interessieren könnten, habe ich bereits Erfahrung?“, „Welche Soft Skills kann ich hervorheben, indem ich bisherige Tätigkeitsfelder beschreibe, die mit den genannten Voraussetzungen kompatibel sind?“

Wenn Sie Ihre Chancen erhöhen wollen, in die nächste Runde zu kommen, müssen Sie sich also vor allem in den Personalverantwortlichen hineinversetzen. Sie müssen sich über seine Situation und seine Erwartungen im Klaren sein, seine Sprache sprechen und verstehen, wie er tickt. Sie selbst haben es in der Hand, dem Personaler dabei zu helfen, Ihren Lebenslauf in die nächste Runde zu schicken!

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